Worried Men Skiffle Group

Auszug aus: Österreichisches Musiklexikon
mit schriftl. Genehmigung der Österr. Akademie der Wissenschaften

Die älteste noch aktive (2009), zugleich eine der stilistisch eigenwilligsten Bands desAustro-Pop, war die erste Formation der österreichischen Popmusik, die Texte im (wienerischen) Dialekt vortrug, wobei das Spektrum
der Texte von avantgardistischer Lyrik über politische Statements bis hin zu Non-sense-Lyrik reicht.

Gegründet wurde sie im Oktober 1960 von Gerhard “Doc” Richter (* 26.4.1943 Wien),
später im “bürgerlichen” Beruf Anlagentechniker bei der ÖMV (Dr. techn.), und H. “Hiero” Janata.

Während die übrige Besetzung der Band in den Anfangsjahren häufig wechselte, gehören die beiden Bandgründer von den Anfängen bis zur Gegenwart - Richter mit einer durch einen Forschungsaufenthalt in den USA verursachten
Unterbrechung in den Jahren 1979-81 - der W. M. S. G. an; Günther “Blesh” Dinold (* 15.11.1943 Wien; Bass) ist seit 1964 Mitglied der W. M. S. G.

Bereits am Tag ihrer Gründung gab die Band ihr erstes Konzert im Wiener Club Twen und wählte dafür nach einem der damals wenigen Songs in ihrem Repertoire, dem US- amerikanischen Folk-Song It Takes a Worried Man, to Sing a Worried Song, den Namen Worried Men [Die besorgten Männer]. Die W. M. S. G. trat damals in der Besetzung Richter (Gesang, Gitarre), Janata (Gesang, Gitarre, Kazoo), Arthur Przyborski (Fagott, Klarinette) und Hermann Düll (Tub-Bass, ein in der US- amerikanischen Folkmusik früher üblicher, aus einem Besenstiel und einem Eimer selbst gebastelter Zupfbass) auf.
In den folgenden Jahren entwickelte sich die W. M. S. G. in häufig wechselnder Zusammensetzung zu einem Fixpunkt der im Entstehen begriffenen österreichischen Folk-Musikszene und errang beim Folk-Musik Festival
auf dem Wiener Leopoldsberg 1966 den Ersten Preis; in der Folge Auftritte bei internationalen Folk-Festivals.
In ihren Anfangsjahren spielte die W. M. S. G. ausschließlich US-amerikanische und britische Fremdkompositionen aus dem Bereich des frühen Jazz (Dixieland) und der Folk-Musik, stark beeinflusst war sie von der Mitte der 1950er Jahre in Großbritannien entstandenen Skiffle-Musik, die teilweise auf improvisierten oder selbstgebastelten Instrumenten gespielt wird.
Zum grundsätzlich nicht elektrisch verstärkten Instrumentarium der Band gehören neben Gitarren, Banjo,Mandoline, Kazoo und Mundharmonika, sowie als Rhythmus- Instrumente anfangs Tub-Bass, später Kontrabass, und Waschbrett. Seit 1966 tritt die W. M. S. G. stets in Frackwesten und mit Zylinderhüten auf, eine Aufmachung, die zu ihrem Markenzeichen wurde. Ihren ersten Fernsehauftritt hatte die W. M. S. G. bereits 1962 in der TV-Sendung Junge Leute von heute, erste (vorerst unveröffentlichte) Studioaufnahmen folgten 1966, weitere TV-Auftritte in Weihnacht mit Hans Joachim Kulenkampff (1967) und mehrfach in Spotlight (ab 1968).
Einem breiteren Publikum wurde die Band gegen Ende der 1960er Jahre bekannt, was insbesondere durch die Förderung des 1967 vom ORF ins Leben gerufenen Jugendsenders Ö3 bewirkt wurde. Auf eine Anregung der Ö3-Redaktion hin vertonte die W. M. S. G. ab 1968 Dialektgedichte von Autoren der Wiener Gruppe (v. a. Conrad Bayer, Friedrich Achleitner), auch von Andreas Okopenko und Franz Bilik.
Mit Glaubst I bin bleed (Text: C. Bayer), ursprünglich eine vom ORF produzierte Tonbandaufnahme, erreichte die
W. M. S. G. 1970 Platz 1 der österreichischen Hitparade. Im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt wurde die W. M. S. G. durch einen Auftritt in der Fernseh-Show Wünsch dir was am 7.11.1970, wo sie mit
hochdeutscher Untertitelung den Titel Da Mensch is a Sau - der erste eigene Dialekttext und zugleich eines der ersten Lieder, das sich kritisch mit dem Thema Umweltverschmutzung beschäftigte - vortrug und damit einen veritablen Fernsehskandal auslöste.
Auch später eckte die W. M. S. G. mit ihren bissigen Dialekttexten mehrfach an: Ihr Anti-Kriegs-Lied Karl, wie schaust du aus (1971) wurde als Kritik am damaligen österreichischen Verteidigungsminister Karl Lütgendorf aufgefasst und in der Folge vom österreichischen Rundfunk mit Sendeverbot belegt.
Mit Liedern wie I bin a Wunda, Da schenste Maun von Wien, I bin a Weh, I wü oba i drau mi ned und Owa mi loß bitte heit in Ruah erreichte die W. M. S. G. in den 1970er Jahren ein breites Publikum, einzelne Textpassagen
erlangten in Österreich geradezu sprichwörtlichen Charakter.
1973 schlossen sich Günther Pini (* 3.8.1942 Oberpullendorf/Bl; Gitarre, Gesang, Mundharmonika, Mandoline)
und Edi Fischer (* 27.10.1946 Ellwangen/D; Waschbrett, Gesang) der W. M. S. G. an, womit die bis heute bestehende Zusammensetzung der Band (Richter, Janata, Dinold, Pini, Fischer) entstand; im selben Jahr Auftritt bei der Matinee zum 125-jährigen Geburtstag der österreichischen Tageszeitung Die Presse im Theater in
der Josefstadt
mit Kauf a Zeitung. 1976 eigene, vom ORF produzierte Fernsehshow Die kleine Show:
Leicht ist das Schweben. Ab Ende der 1970er Jahre gelang es der W. M. S. G. zwar nicht mehr regelmäßig, über Rundfunk und Fernsehen ein breiteres Publikum zu erreichen, sie verfügt jedoch noch heute in Österreich vor allem als Live-Band über eine stabile Fangemeinde und tritt regelmäßig in Jazz- oder Folk- Clubs in Wien
(v. a. im Jazzland), Niederösterreich und dem Burgenland sowie bei diversen Festivals (z. B. Donauinselfest),
zumeist mit einem Mix aus eigenen Dialektliedern und US-amerikanischen Jazz- und Folksongs (in englischer Sprache), auf. Ihre Tonträger vermarktet sie seit 2003 über die eigene Internetseite im Eigenvertrieb. Im Jahr 2010 feiert die W. M. S. G. in seit siebenundzwanzig Jahren unveränderter Zusammensetzung ihr fünfzigjähriges bestehen.
W: Single: Glaubst i bin bled / Keep on the sunny side 1970;
Alben: The Damned Best Dance Band in Town 1971; Teppenförderung 1974;
Dazö ma kan schmäh! 2001; I bin a Weh 2004; Double Feature 2007 (DVD).
Lit: http://de.wikipedia.org/ (7/2009); www.worried-men.at (7/2009); pers. Mitt. Bandmitglieder.
PSt [ Zuletzt aktualisiert: 2009/11/12 08:49:17